Digitalstrategien für Berater

Nicolai Goschin · August 2019 in Expertise

Der heiße Scheiß von damals

Dieser Artikel gehört zu unserem Frühwerk, das bedeutet: Damals waren die beschriebenen Sachverhalte aktuell, jetzt haben sie wahrscheinlich schon etwas Staub angesetzt.

Dieser Artikel ist der Anfang einer neuen Artikelreihe, die wir als Digitalagentur veröffentlichen. Dabei erläutern wir, wie sich Digitalstrategien für verschiedene Zielsetzungen und verschiedene Branchenumfelder entwickeln lassen. Jeder einzelne Artikel widmet sich dabei einer anderen Aufgabenstellung, einer anderen Herausforderung. Einige der Aufgaben stammen dabei aus realen Projekten, die wir umgesetzt haben, andere sind fiktiv.


Inhalt


Aufgabe #1 – der Berater

Auftraggeber ist im Fall des heutigen Artikels ein Berater bzw. Coach. Eine Einzelperson, deren Geschäftsmodell darin besteht, Unternehmer aus kleinen und mittelständischen Unternehmen zu coachen und bei unternehmerischen Entscheidungen zu beraten. Ebenfalls ist das Aufbauen von Unternehmernetzwerken Teil seines Tätigkeitsfeldes. Die Monetarisierung erfolgt durch einen Mitgliedsbeitrag in den Netzwerken und ein Beraterhonorar.

Die Aufgabe im Speziellen ist es, eine Digitalstrategie zu entwickeln, mit der kurz- wie langfristig neue Leads gewonnen werden können. Die Gewinnung soll rein digital erfolgen; als Lead ist ein Interessent für ein Coaching, eine Beratung oder an einem Netzwerktreffen definiert.

Vorüberlegungen

Beim Coaching und auch bei der Beratung geht es um Menschen. Als Kunde muss ich eine persönliche Beziehung zu einem Coach aufbauen können, um sinnvoll arbeiten zu können. Also muss es in der Akquise gelingen, eine möglichst persönliche Beziehung zum Kunden aufzubauen, um Vertrauen zu schaffen. Nicht unbedingt einfach in einem digitalen Medium, das von Anonymität und Distanz geprägt ist. Hinzu kommt, dass wir uns in einem Umfeld bewegen, in dem es aufgrund niedriger Eintrittsbarrieren einige Schwarze Schafe gibt.

Die richtige Tonalität

Also ist klar, dass wir in der Kommunikation die Person – den Coach – in den Mittelpunkt stellen müssen. Nicht eine Firma oder Organisation, sondern eine echte Person. Nähe und Authentizität werden damit in der Kommunikation ein essenzieller Bestandteil. Abgeleitet bedeutet das authentisches Bildmaterial, also Verzicht auf Stockfotos oder abstrakte Bilder. Das gleiche muss sich auch auf der Textebene wieder finden. Kein Marketing-Geschwätz und Verzicht auf Komplexität in der Formulierung. Insgesamt also eine sehr nahbare, emotionale Tonalität.

Das Format „Onepager“

Wir haben also nun eine Vorstellung davon, wie die Geschichte klingt, nun ist die Frage, wie wir sie darstellen. Am besten kurz, knapp und linear. Das schafft Transparenz und erzeugt daher ein positives Gefühl beim User. Schließlich wollen wir Vertrauen aufbauen. Als Maßnahme setzen wir daher auf eine Onepage-Website (Onepager) statt einer klassischen Website mit vielen Unterseiten. Der Vorteil des Onepagers ist der lineare Erzählstrang. Der User beginnt oben zu lesen und scrollt dann immer weiter nach unten. Er muss keine Menüpunkte anklicken und bewegt sich so gradlinig ohne Sprünge auf andere Seiten. So können wir den Lesefluss steuern. Wir können ihn „an die Hand nehmen“ und über die Inhalte führen. Seine Journey wird also planbarer.

Darüber hinaus vermittelt der Onepager durch seine Struktur Einfachheit und Transparenz. Nutzer haben nicht das Gefühl, Informationen zu verpassen oder etwas oder zu übersehen. Schließlich gibt es keine Navigationspunkte, hinter denen Informationen versteckt sind.

Als nächstes stellt sich die Frage, wie wir User konvertieren, also auf ein definiertes Ziel hinführen. Was sind sogenannte Call-to-Action Elemente auf der Seite, die den User zu einer Handlung animieren?

Die Call-to-Action Elemente und Conversion

Obligatorisch ist natürlich die Möglichkeit der Kontaktaufnahme per E-Mail oder Telefon, keine Frage. Aber wie können wir einfachere Handlungen für den User in den Onepager integrieren? Schließlich ist der direkte Anruf oder die E-Mail ein Medienbruch, der von Usern bereits ein sehr hohe Interesse erfordert. Denn der User muss sich nun aus der Komfortzone begeben. Er muss seine Anfrage, sei es telefonisch oder per E-Mail, selbst formulieren.

Um dem Nutzer eine einfache Handlung ohne Medienbruch zu ermöglichen, integrieren wir also ein Tool zur Online-Terminvereinbarung. Mit diesem kann der User durch wenige Klicks einen Termin für ein erstes telefonisches Beratungsgespräch vereinbaren. Und das ohne die Website verlassen zu müssen und ohne stark involviert zu sein. Hinzu kommt ein weiterer positiver verhaltenspsychologischer Effekt. Das Auswählen eines Termins aus einem Kalender ist einfach und „spielt den Ball in die andere Hälfte“. Die Aufgabe der Reaktion liegt nun nicht mehr beim Nutzer, sondern auf der Gegenseite. Er kann den Browser schließen und hat etwas erledigt, denn die nächsten Schritte erfolgen ohne weiteres Zutun von selbst.

Einen ersten Call-to-Action haben wir also definiert. Aber auch dieser funktioniert nur für Website-Besucher, die zumindest einen Gewissen Grad an Interesse haben. Denn der User muss bereits so involviert sein, dass er sich auf einen telefonischen Beratungstermin einlässt. Zusätzlich sollten wir also ein Element für den „Upper Funnel“ integrieren. Also ein Call-to-Action für jene User, die noch nicht bereit sind, den Schritt zum Erstgespräch zu machen. Hierfür setzen wir auf einen E-Mail-Newsletter, der uns die Chance gibt, die E-Mail-Adresse des User zu gewinnen.

Wir wissen, jetzt geht gleich das Geschrei los: „Was? Newsletter? Die abonniert doch eh niemand, sie nerven mich nur und lesen tue ich sie sowieso nicht!“. Ja, wir kennen die Argumente, sie sind aber nicht ganz richtig. Wenn wir von Newslettern sprechen, reden wir eigentlich erst mal nur von HTML E-Mails. Der Inhalt und die Frequenz sind von Fall zu Fall verschieden. Bei richtiger Machart werden solche E-Mails von Usern nicht negativ empfunden, sondern neugierig aufgenommen. Unsere Agentur selbst verschickt regelmäßig E-Mail-Aussendungen an einen großen Verteiler. Und wir bekommen positives Feedback, haben eine wachsende Abonnentenliste bei überdurchschnittlich guten KPIs im Bezug auf die Öffnungsrate. Also, nicht alles ist schlecht, wo „Newsletter“ drauf steht.

Nun also wieder zurück zum Newsletter, der auf der Onepage-Website abonniert werden kann. Mit diesem wollen wir eine Beziehung zu Nutzern aufbauen, die noch nicht bereit sind, einen Termin für eine Erstberatung zu vereinbaren. Um die E-Mail-Adresse eines Nutzers zu gewinnen, müssen wir ihm im Gegenzug dafür einen Mehrwert anbieten. Schließlich ist nichts im Leben umsonst, erst Recht keine Adresse. Als Beispiel können wir ihm eine Einladung zu einem Netzwerktreffen anbieten oder anstehende Termine. Ebenfalls bieten sich Case Studies oder praktische Handlungsempfehlungen an. Ja, das ist alles nicht neu, alles schon mehrfach gehört. Aber es gilt immer noch: gute Umsetzung trennt die Spreu vom Weizen. Die Inhalte, die über die E-Mail-Aussendungen gespielt werden, müssen relevant für den Nutzer und auf ihn zugeschnitten sein. Sowohl im Bezug auf den Inhalt, als auch in Bezug auf den Content selbst.

Über den regelmäßigen Kontakt mit potenziellen Interessenten kann es gelingen, Vertrauen aufzubauen und diese nach und nach in den Lower Funnel zu bringen, sie also zu einer Terminvereinbarung zu motivieren. Dies gelingt über entsprechende Call-to-Action Elemente in den E-Mails wie zum Beispiel: „Noch drei Beratungstermine im aktuellen Monat verfügbar – jetzt anfragen“.

Wir haben also nun zwei mögliche Handlungen auf der Website für User definiert, die unterschiedlich stark involviert sind. Kurz zusammengefasst:

1) überzeugte Nutzer -> Kontakt via E-Mail oder Anruf
2) interessierte Nutzer -> Vereinbarung eines telefonischen Beratungstermins per Formular
3) unentschlossene Nutzer -> E-Mail-Newsletter

Soweit so schlüssig. Nun stellt sich natürlich die Frage, wie wir mit Nutzern umgehen, die keine der drei oben definierten Handlungen ausführen? Gute Frage, aber auch diese beantwortet die digitale Gesamtstrategie. Das Zauberwort an dieser Stelle lautet „Retargeting“. Also das gezielte Ansprechen von Usern in anderen Kanälen wie zum Beispiel Facebook, Twitter oder LinkedIn. Dies ist möglich durch die Tracking-Pixel der zuvor genannten Netzwerke.

Die Rückgewinnung von Nutzern

Wie zuvor erwähnt können wir Nutzer, die die Website besucht haben, sich aber nicht für einen Beratungstermin eingetragen haben, bei Facebook gezielt mit Werbung ansprechen. Die Werbung zielt dabei auf die nicht erfolgte Handlung ab, also auf das Vereinbaren eines Beratungstermins oder das Eintragen für den Newsletter. Für die Maßnahme spricht, das Retargeting typischerweise mit niedrigen CPCs (Cost-per-Click) verbunden ist. Grund ist, dass der User grundsätzlich schon Interesse gezeigt hat und daher eine Grundbereitschaft zur Interaktion vorhanden ist. Außerdem sind die Streuverluste im Grunde zu vernachlässigen, da die Zielgruppe exakt segmentiert ist.

Im Bereich der Anzeigen, sogenannten Paid-Social-Kampagnen, lässt sich das sogar noch etwas differenzierter aussteuern, als bereits erläutert. Über Tracking Tools wie Google Analytics ist es möglich, die Nutzer anhand des Verhaltens zu segmentieren. Wir sprechen dann von sogenanntem Behavioral Targeting. Dabei teilen wir die Nutzer zum Beispiel in zwei Gruppen:

  • Nutzer, die über 60 Sekunden auf der Website verbracht haben und eine Scroll-Tiefe von 75% erreicht haben
  • Nutzer, die zwischen 30 und 60 Sekunden auf der Website verbracht haben und eine Scroll-Tiefe von über 50% erreicht haben

Bei der ersten Gruppe gehen wir von einem sehr hohen Interesse aus. Diese Gruppe wird mit Anzeigen angesprochen, die zur Vereinbarung eines Beratungstermin animieren. Die zweite Gruppe – User die nicht ganz so interessiert sind – werden mit einer Anzeige angesprochen, die auf das Eintragen in den Newsletter abzielt. Hierzu bietet zum Beispiel Facebook „Lead Ads“, die das Abonnieren direkt aus Facebook heraus ermöglichen.

Ebenso ist es möglich eine dritte Gruppe zu bilden: die Gruppe der Unentschlossenen. Für diese kann das Kriterium gelten, dass die User weniger als 50% Scroll-Tiefe und weniger als 30 Sekunden auf der Website verbracht haben, aber die Website binnen einer Woche mehr als einmal Besucht haben. Diese können ebenfalls mit spezifischen Anzeigen angesprochen werden. Diese forcieren dann den erneuten Besuch der Website.

Die Strategie enthält also Maßnahmen, um den User von einem Website-Besucher in einen Lead zu verwandeln und um den User auf die Website zurück zu holen, wenn wir ihn nicht direkt in einen Lead wandeln konnten. Runde Sache, oder? Gut aufgepasst, etwas fehlt noch. Ein zentrales Element, nämlich die Akquisition von neuen Nutzern, also die Gewinnung von Traffic.

Die Gewinnung von Traffic

Aber auch das ist kein Problem, sondern eine Aufgabe. Und für die gibt es bekanntlich Lösungen. Falls nun der Gedanke ist: „Oh klar, über Suchmaschinen“ – sagen wir „leider nein“. Realistisch betrachtet ist es in einem hoch kompetitiven Umfeld wie dem Coaching (auf Grund niedriger Eintrittsbarrieren) kaum möglich, eine kleine Seite wie einen Onepager relevant in organischen Suchergebnissen zu platzieren. Und relevant bedeutet in der Regel auf Seite eins von Google, also unter den Top 10. Google Adwords (bezahlte Anzeigen) könnten eine Lösung sein, aber hier werden wir mit massiven CPCs konfrontiert. Die Kosten pro Klick liegen bei mehreren Euros und werden daher bei einem kleinen Media Budget kaum sinnvoll sein.

Eine Alternative bieten aber die sozialen Netzwerke, insbesondere Business Netzwerke wie LinkedIn. Diese sind zwar nicht günstig, aber im Vergleich zu Google Adwords unserer Einschätzung nach noch effizient realisierbar. Entsprechend schalten wir Anzeigen in genannten Netzwerken. Diese ermöglichen ein gutes Targeting anhand von Interessen, beruflicher Stellung und geografischen Daten. Kein neuer Ansatz, aber – richtig umgesetzt – hoch effizient.

Darüber hinaus hat Google Adwords einen großen Nachteil in der Ansprache von Usern: da Google Adwords immer auf ein oder mehrere bestimmte Keywords hin geschaltet wird, setzt es voraus, dass Nutzer nach etwas suchen. Anhand unseres Beispiels heißt das, ein Nutzer muss bereits wissen, dass er Unterstützung in einem bestimmten Bereich (z.B. Mitarbeiterführung, Vertrieb, usw.) durch einen Berater benötigt. Schließlich beginnt er nur dann mit der Suche. Andere Formate wie Social Ads, Adsense, Outbrain, usw. ermöglichen es, bei Usern einen Bedarf zu wecken, den sie selbst noch gar nicht aktiv wahrgenommen haben. Wir können sie sozusagen „auf eine Idee bringen“ und sind nicht auf ihre aktive Handlung angewiesen – also Bedarfsweckung.

Zusammenfassung

Wir fassen die digitale Strategie für einen Coach an dieser Stelle abschließend noch einmal zusammen:

Die Gewinnung von Traffic erfolgt primär über Soziale Business-Netzwerke. Der Traffic wird auf einen Conversion-optimierten Onepager geleitet, der einen linearen Erzählstrang zulässt. Der Onepager stellt den Coach persönlich vor und erklärt die Dienstleistung(en). Die Tonalität ist dabei emotional, nahbar, ohne Marketing-Formulierungen. Mit einem Call-to-Action bringen wir den Nutzer dazu, online einen telefonischen Beratungstermin zu vereinbaren. Und das direkt auf der Website, um den Medienbruch zu umgehen. Für nicht direkt überzeugte User bieten wir die Anmeldung zu einem einfachen Newsletter an, um über diesen Vertrauen aufzubauen. Die E-Mail-Aussendungen enthalten einfachen, relevanten Content, sowie einen Call-to-Action zur Terminvereinbarung. User, die keine Aktion auf der Website durchgeführt haben, werden über Retargeting-Maßnahmen auf die Website zurück geholt.

Kurz, gut und auf den Punkt. Das ist eine funktionierende Digitalstrategie.

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