Card Sorting im User Centered Design

Methode zur nutzerfreundlichen Content-Strukturierung

Nicolai Goschin · Oktober 2015 in Expertise

Der heiße Scheiß von damals

Dieser Artikel gehört zu unserem Frühwerk, das bedeutet: Damals waren die beschriebenen Sachverhalte aktuell, jetzt haben sie wahrscheinlich schon etwas Staub angesetzt.

Erfolgreiche Websites orientieren sich an den Denkmustern ihrer User, anstatt sich den Geschäftsstrukturen ihres Betreibers anzupassen. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Denkweisen und Ziele dieser beiden Interessengruppen oft voneinander unterscheiden. Card Sorting kann beide wieder zusammenführen.

People will grow fond of a website where they can accomplish their goals without having to think. Users’ mental energy should be spent on solving their problems, not figuring out how the website works.

— Daniel Ritzenthaler, 2009

Bei der Content-Strukturierung für eine Website stellt sich deshalb automatisch die Frage danach, wie sich User eine Website vorstellen und wie sie Sachverhalte generell in ihren Köpfen organisieren. Und vor allem: Wie kommt man als Website-Entwickler an dieses wertvolle Wissen?

Genau an dieser Stelle kommen sogenannte Card Sorting-Tests ins Spiel, denn sie ermöglichen uns, diese Muster zu erkennen, den Usern zumindest einen Teil des Denkens abzunehmen und dadurch die Website in Sachen Usability deutlich zu verbessern. Card Sorting eignet sich als Hilfsmittel für die Entwicklung neuer Websites, aber auch für Redesigns oder Erweiterungen bestehender Websites. Und so funktioniert diese Methode aus dem User Centered Design im Detail:

Schritt 1: Card Sorting vorbereiten

Der erste Schritt ist die Inventur des Contents. Dazu werden alle inhaltlichen Elemente der Website aufgelistet. In dieser Übersicht zeigt sich oft schon das erste Verbesserungspotential, weil redundante oder veraltete Inhalte in der Gesamtbetrachtung sofort sichtbar werden. Solche Elemente werden entfernt, zusammengelegt oder aktualisiert.

Alle übrigen Elemente werden jeweils auf eine Karteikarte geschrieben. Kurze, eindeutige Bezeichnungen sind ideal. Findet sich jetzt für ein bestimmtes Element keine passende Überschrift, ist das ein Warnsignal. Dann könnte der Inhalt überflüssig oder eine Überarbeitung erforderlich sein. Wenn in der Bezeichnung ein „und“ vorkommt, teilt man den Content auf zwei Karten auf.

Die Anzahl der Karten hängt stark von der jeweiligen Website ab. Card Sorting wird allgemein für Websites mit höchstens 70–100 Informationseinheiten empfohlen. Größere Websites können in kleinere Bereiche aufgeteilt und einzeln getestet werden.

Entscheidend für effektive Tests ist aber nicht allein die angemessene Anzahl der Karten: Auf je mehr Hierarchieebenen sich die Elemente bewegen, je komplexer die Beziehungen der Inhalte untereinander sind und je spezieller das Thema der Website ist, desto höher werden auch die Anforderungen an die Card Sorting-Teilnehmer und Moderatoren der Tests.

Schritt 2: Tests durchführen

Als Testteilnehmer eignen sich Personen aus der Zielgruppe der Website. Jede Testperson wird einzeln gebeten, die Karten auf einem Tisch logisch zu gruppieren. Ein Moderator beobachtet sie währenddessen und notiert sich Besonderheiten. Das kann zum Beispiel sein, dass eine bestimmte Karte mehrmals verlegt wird oder Gruppen nachträglich zusammengefasst werden.

Nach jedem Test wird das Ergebnis auf dem Tisch dokumentiert. Die Karten müssen anschließend wieder gut gemischt werden, um die nächste Testperson nicht zu beeinflussen.

Schritt 3: Ergebnisse analysieren

Die Website-Inventur und die Verschlagwortung für die Karten in der Vorbereitung der Tests haben schon wichtige Anhaltspunkte zur Optimierung des Projekts gegeben. Hinzu kommen jetzt die quantitativen Ergebnisse aus der Anordnung der Karten jedes einzelnen Teilnehmers und die qualitativen Eindrücke aus den Beobachtungen des Moderators.

Wenn man die Ergebnisse der verschiedenen Testpersonen analysiert, sind im Idealfall auf den ersten Blick einheitliche Muster zu erkennen. Karten, die viele Testpersonen miteinander gruppiert haben, gehören höchstwahrscheinlich auch im Denkmodell der Mehrheit der User zusammen. Die Hierarchie-Ebenen für die spätere Website kristallisieren sich auf die gleiche Weise heraus.

In manchen Punkten können die Ergebnisse allerdings auch sehr unterschiedlich ausfallen.
An dieser Stelle werden die Beobachtungen des Moderators hinzugezogen, der den Weg der einzelnen Testpersonen zum Ergebnis miterlebt hat und genauere Hinweise auf mögliche Ursachen für die Abweichungen geben kann. Der Moderator als Usability-Experte und das gesamte Team sind dann gefragt, für diese kritischen Punkte aus ihrer Erfahrung heraus kreative Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Card Sorting für Fortgeschrittene

Für die konkrete Durchführung der Tests gibt es mehrere Varianten. Beim offenen Card Sorting sollen die Testpersonen zusätzlich Oberbegriffe für die entstandenen Gruppen formulieren. Geschlossenes Card Sorting gibt diese Kategorien schon vor.

Stellt man mehreren Testpersonen gemeinsam die Aufgabe, die Karten zu sortieren, gewährt das einen tieferen Einblick in ihre Denkmuster. Denn sie reden automatisch miteinander und begründen ihre Entscheidungen. Dadurch werden die Gedankengänge auch für Außenstehende transparent und Fehlinterpretationen verhindert.

Online Card Sorting erspart viel Koordinationsaufwand. Die Testpersonen müssen nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Ort sein, sondern können zeitlich und räumlich unabhängig am Computer mit Hilfe eines Online Tools die Karten an einem virtuellen Tisch sortieren. Diese Variante hat außerdem den Vorteil, dass die Software aus den Ergebnissen automatisch Diagramme erzeugen kann, die den Zusammenhang zwischen den einzelnen Karten visualisieren. OptimalSort als Beispiel für ein solches Online Tool übernimmt auf Wunsch auch die Rekrutierung von Testpersonen.

Card Sorting kann den Grundstein für eine nutzerfreundliche, erfolgreiche Content-Struktur legen. Diese Methode funktioniert intuitiv, zuverlässig und schnell. Echte Nutzer sind am Entwicklungsprozess beteiligt und sorgen dafür, dass die Inhalte für sie verständlich benannt, gruppiert und organisiert werden. Und letztlich können auch nur zufriedene Nutzer den Website-Betreiber langfristig glücklich machen. Die Ziele beider Interessengruppen sind vielleicht unterschiedlich, der Weg dahin ist derselbe.

Internes Card Sorting

Card Sorting kann auch ohne reale User als Testpersonen zu wichtigen Erkenntnissen führen, wenn stattdessen ein Expertenteam die Aufgabe durchführt. Mit der Ausarbeitung der Karten wird schon im Vorfeld eine wichtige Basis für eine funktionierende Content-Struktur geschaffen. Das Team sortiert die Karten dann gemeinsam, diskutiert währenddessen die unklaren Punkte und einigt sich auf praktikable Lösungen.

Für uns als Agentur ist Card Sorting die optimale Methode zur Content-Strukturierung, weil sie sich flexibel auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen anpassen lässt und mit gewöhnlichem Büromaterial außergewöhnlich aufschlussreiche Ergebnisse liefert.

Schön, dass Sie hier sind!

Auch wir können auf Kekse nicht verzichten! Unsere Website nutzt Cookies. Die schmecken zwar nicht nach Schokolade, sorgen aber für ein gutes Nutzererlebnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutz-Seite oder in unserem Impressum.

Wählen Sie Ihre Lieblings-Cookies

Unbedingt erforderliche Cookies

Immer aktiv

Diese Cookies sind zwingend erforderlich, damit unsere Website wie gewünscht funktioniert. Wir speichern zum Beispiel Ihre Cookie-Präferenzen in einem Cookie ;-) Genauso speichern, wenn Sie ein Overlay geschlossen haben. Wichtig zu wissen: Wir speichern keine personenbezogenen Daten in diesen Cookies, sondern nur Werte nach dem Muster 0 oder 1.

Leistungs-Cookies

Darf’s etwas mehr sein? Diese Cookies verwenden wir, um die Leistung unserer Website zu verbessern. Wir setzen Cookies, um zu verstehen wie sich Nutzer über unsere Website bewegen und welche Seiten sie aufrufen. Wir verwenden hierzu Google Analytics und Hotjar.

Cookies für Marketing-Zwecke

Marketing-Cookies nutzen wir, um mit anderen Plattformen zu kommunizieren. Wenn wir Werbung in Sozialen Netzwerken, z. B. bei Facebook oder LinkedIn schalten, helfen sie uns, die richtigen Nutzer zu finden.