Fordert kreativen Charakters der Agentur

Mit guter Planung & visionärem Denken erfolgreich im Pitch?

von Nicolai Goschin und Oliver Reul

Unsere Agentur beschlich in der Vergangenheit eine gewisse Skepsis beim Thema Pitch. Auch wenn unsere kritische Haltung nicht verflogen ist, sind wir mittlerweile offener gegenüber dieser Form des Vergabeverfahrens für Aufträge. Nicht allein weil es zum Tagesgeschäft einer jeden Agentur gehört und wir uns (inzwischen) klare Vorgaben für eine Abgabe setzen, sondern auch, weil sich vielerorts die Kriterien zur Teilnahme grundsätzlich verbessert haben. Unser Blick auf Ausschreibungsmodalitäten und der Geheimtipp für eine erfolgreiche Teilnahme: gegenseitige Wertschätzung.

Offen gestanden, wir schüttelten oftmals wild mit dem Kopf, wenn wir Pitch-Anfragen auf unsere Schreibtische bekamen. Wenn wir die Unterlagen sowie Anforderungen durchforsteten und uns dachten: Wie kann es sein, dass wir uns nahezu komplett „ausziehen“ müssen, nur um eine (möglicherweise) für die Kund:innen passende Idee gratis präsentieren zu dürfen?!

Doch auch mit etwas Abstand dürfen zu unserer Freude festhalten: Wir haben in den letzten Jahren auch gute Erfahrungen bei dem Thema gemacht. Vor allem mit Anfragen, die wir gelesen und dabei nach 30 Sekunden gewusst haben: Yeahhh, das wird wirklich gut & und wir haben richtig Bock, alles dafür zu tun, dieses Projekt zu bekommen! Und dabei ging es nicht nur inhaltliche Anforderungen, sondern auch um Stil und Tonalität der jeweiligen Anfrage. Dann nämlich, wenn sie respektvoll und anerkennend waren.

Unser Startschuss?

Klar und persönlich!

Genau über diese positiven Erlebnisse möchten wir sprechen. Hierfür erscheint es sinnvoll, einen Schritt zurückzugehen, um uns der Frage zu widmen: Was macht eigentlich eine Pitch-Anfrage zu einer guten Anfrage?

Mit Anrede den Einstieg ermöglichen
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Zunächst beginnt es für uns schon mit dem Briefkopf. Wir erwarten dabei eine persönliche Anrede, denn genau diese zeigt Offenheit und Wertschätzung uns und allen anderen potenziellen Bewerber:innen gegenüber. Eine Anfrage, die zum Beispiel mit „Sehr geehrte Damen und Herren“ beginnt oder als Sammelmail an mehrere mögliche Bewerber:innen rausgeht, ist für uns von Beginn an ein Kriterium, erst gar nicht teilzunehmen. Die Ansprechpartner:in der Auftraggeber:in sollte sich unseres Erachtens die Mühe machen, sich mit den angeschriebenen Agenturen auseinanderzusetzen. Dazu gehört auch, die richtigen Menschen anzuschreiben – nämlich die, die in einer Agentur für Ausschreibungen verantwortlich sind. Werden die oben genannten Punkte nicht erfüllt, passen wir grundsätzlich wohl eher nicht zusammen.

Neben der ersten Ansprache zeigt sich auch bei der inhaltlichen Beschreibung des anberaumten Pitches sehr schnell, wohin die Reise geht. Übersichtliche, strukturierte Unterlagen unterstreichen, dass sich die Ausschreibenden Gedanken gemacht haben, was sie mit der Anfrage für sich und ihr Projekt erreichen wollen. Für uns initial wichtige Fragen sind unter anderem wo die (gemeinsame) Projekt-Reise hingehen soll und vor allem, was sich die Initiator:innen von der beauftragten Agentur erwarten.

Exkurs: Praxisbeispiel Kommune
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Übersichtlichkeit ist Trumpf

Fünf Schritte zur Klarheit

Wenn es um Beschreibungen bzw. Darstellungen von Ausschreibungen geht, gibt es unserer Ansicht nach sinnvolle Punkte, die vom ausschreibenden Unternehmen auf der Suche nach einer passenden Agentur zu beachten sind. Fünf wichtige Fragen, deren Antworten für alle Beteiligten mehr Übersicht und Klarheit schaffen, sind etwa:

1. Wer sind wir und was machen wir?

Das Unternehmen sollte sich idealerweise selbst auf der digitalen Weltkarte verorten. Ein Kurzportrait mit einem kleinen Abriss der Firmengeschichte sowie ein Blick auf die Gegenwart mit aktuellen Problem- und Fragestellungen sind besonders wertvoll. Dies gibt uns als Agentur die Möglichkeit, relativ schnell zu verstehen, auf welcher Ebene wir uns bewegen, ob und mit welchen (digitalen) Themen sich das Unternehmen beschäftigt und ob es sich um ein größeres oder eher kleineres Projekt handeln wird. Wenn all das auch mit ein paar Zahlen (wie Website-Nutzer:innen, Mailverteiler-Abbonnent:innen etc.) unterfüttert ist, hilft es sehr dabei ein erstes Gefühl für die Auftraggeber:in zu bekommen.

Gute Unterlagen sind entscheidend 
für alle Beteiligten.
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2. Welche Technologien liegen hinter dem Projekt?

Um für uns als Agentur auch nachvollziehen zu können, ob wir überhaupt eine potenziell geeignete Bewerberin für das Projekt sind, ist eine Beschreibung der dahinterstehenden Technologie obligatorisch. Viele Themen können wir von außen nicht allein durch Recherche identifizieren. Daher sind Antworten auf Fragen wie:

– Was für ein CMS-System wird eingesetzt?
– Wie funktioniert das Tracking?
– Welches Warenwirtschaftssystem wird verwendet?

wesentlich, um ein Verständnis zu bekommen, ob wir als Agentur überhaupt infrage kommen, d. h. ob wir die zu verwendenden Technologien in unserem Produktportfolio führen. So können wir schon recht früh und ganz offen kommunizieren: Vielen Dank für das Angebot, klingt toll, ist aber nicht unser Thema. Oder aber: Das ist genau unser Ding! Wir sind darin die Expert:innen!

3. Was ist das Ziel des Projektes? Was möchten wir idealerweise erreichen?

Eine Zieldarstellung von Auftraggeber:innen-Seite ist ebenfalls ein wichtiges Thema, das schon im Rahmen der Ausschreibung vorbereitet werden sollte. Idealerweise können dabei nicht nur (klassische) Ziele beschrieben werden, sondern auch KPIs. Begeistert sind wir von Ausschreibungen, die nicht versuchen, explizit zu definieren was gebraucht wird, sondern klar spezifizieren: Das ist unser Ziel und Ihr als Agentur sollt uns helfen, den richtigen Weg dorthin zu finden. Unserer Erfahrung nach ist es nämlich häufig so, dass das, was man zu brauchen glaubt, nicht das ist, was man tatsächlich benötigt.

Mich begeistert es, wenn wir den Weg zum Ziel begleiten dürfen.

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4. Was erwarten wir von der Auftragnehmer:in?

Wir, als Agentur halten es für einen wesentlichen Punkt, dass die Erwartungshaltung schon in der Ausschreibung erläutert wird. Dem geht voraus, dass das ausschreibende Unternehmen sich schon während der Vorbereitungen Gedanken darüber macht, wann der Ball in welchem Spielfeld liegt. Dazu zählt eine Einschätzung, wie viel beim Unternehmen in-house abgedeckt werden kann und was wiederum dringend von der Agentur erledigt werden soll oder auch muss. Jede Partei weiß somit, wie die gemeinsame Zusammenarbeit aussehen sollte. Es wird klar und offenbar, was zwischen den Parteien passieren muss, damit sie nach Projektabschluss sagen können: Das war ein gutes Projekt, wir haben unsere gemeinsamen Ziele bestmöglich und im Einvernehmen erreicht. Genau das zu schaffen, sollte das Ziel aller sein.

5. Wie geht der Auswahlprozess weiter?

Um schon im Vorfeld eine bestmögliche Transparenz herzustellen, ist eine Übersicht über den weiteren Prozessverlauf absolut hilfreich. Dabei sollte auch der gesamte Ablauf der Ausschreibung erklärt werden. Wichtige Fragen hierzu können sein:

– Gibt es eine Longlist?
– Gibt es eine Shortlist (engere Auswahl an Agenturen)?
– Wie viele Runden hat der Pitch?
– Was müssen wir tun, um in eine zweite Runde zu kommen?
– Wird der Pitch vergütet?
– Gibt es am Ende Feedback an die teilnehmenden Agenturen?

All das sind Punkte, die uns als Bewerbende bewegen und die wir für uns geklärt haben wollen. Wenn von Vornherein mit offenen Karten gespielt wird, kann am Ende die Enttäuschung der ausgeschiedenen Agenturen minimiert werden.

Exkurs: Stolpersteine
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Stolpersteine als Sprungbrett?

Lösungsorientiert bleiben

Die Formalitäten auf Seiten des ausschreibenden Unternehmens hätten wir soweit geklärt. Werfen wir nun einen Blick auf die Agenturseite. Schließlich wollen wir und unsere Kolleg:innen aus anderen Agenturen uns bestmöglich präsentieren, um im Pitch überzeugen und letztendlich den Auftrag „gewinnen“ zu können. Auch hierbei gibt es etwas schwierigere Themen, für die wir eine für uns sehr geeignete, lösungsorientierte Herangehensweise gefunden haben – die wir auch gerne weiterempfehlen.

Ein oftmals sehr heikler Punkt ist die Budget- und Zeitplanung. Nehmen wir zum Beispiel an, dass kein Projektbudget angegeben wurde, sondern nur die Inhalte und Ziele des Projektes in der Ausschreibung erwähnt wurden. Und wir dennoch gebeten werden, im Rahmen unseres Angebots eine „Hausnummer“ zu sagen: Na, was könnte das Projekt denn so kosten?

Wenn Du Nichts über das Projekt weißt, wird es heikel – das sollte nicht sein.

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Grundsätzlich ist diese Anfrage diffizil, denn im Trüben zu fischen ist gerade beim Finanziellen selten förderlich. Wir brauchen also Indizien, Anhaltspunkte, Marken, an denen wir uns festhalten oder orientieren können. Werden diese wesentlichen Informationen nicht bereitgestellt, ergeben sich zumeist weitere Probleme. Wir als Agentur haben für uns klar entschieden, immer mit realistischen Preisvorstellungen ins Rennen zu gehen. Das bedeutet für uns, lieber auszuscheiden oder das ausgeschriebene Projekt nicht zu unterstützen, als unsere Dienstleistungen zu günstig anzubieten, nur um mithalten zu können.

Bevor dies jedoch der Fall ist, gibt es noch eine Alternative. Besonders für die Illustration des Budgets lohnt es sich, Referenzprojekte näher zu beleuchten. Dafür geben wir ein Beispielprojekt mit dazugehöriger Preisspanne an. Die Auftraggeber:in bekommt so ein Verständnis und Gefühl dafür, was für den jeweiligen Preis von uns erwartet werden kann. Dabei schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe, denn wir können uns auch fachlich positionieren, indem wir erläutern, was wir in diesem Projekt gemacht haben. Zudem können wir aufzeigen, warum gerade dieses Projekt als Referenz für das potenziell neue, gemeinsame Vorhaben dienen kann. Eine kleine interne Transferleistung sozusagen.

Referenzprojekte als Chance
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Wo die Chancen liegen

Komfortzone verlassen

Bei aller gebotenen Detailtreue sollten wir nun noch einmal unseren Fokus ändern und auf das große Ganze blicken. Jeder Pitch ist in unseren Augen nämlich auch eine Chance. Eine Chance, sich inhaltlich als Agentur insgesamt und damit auch als Team nach und nach in eine neue Richtung strecken zu dürfen. Ganz ähnlich zu einem neuen Projekt, das außerhalb unserer Komfortzone liegt. Wenn wir also im Rahmen eines Pitches mehreren Komponenten begegnen, die neue Elemente beinhalten und nicht das „Ach, haben wir schon hunderte Male gemacht, wissen wie es geht“, regt das unsere Kreativität an.

Es ist hier keine Fließbandarbeit.
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Wir stellen immer wieder fest, dass es bei Pitches darum geht, zu 80 % den (wirklichen) Kern der eigenen Arbeit zu treffen und zu 20 % Neuland zu erkunden. Es ist also typischerweise so, dass es Komponenten gibt, um die man sich das erste Mal kümmert. Neues zu explorieren und in Projekten zu variieren tut unserer Arbeit und unserem Output sehr gut. So werden wir in unserem Handwerk besser – denn es ist keine Fließbandarbeit, die wir hier leisten und anbieten wollen.

Keine Denkverbote

Visionen & Ideen laufen lassen

Darüber hinaus haben wir für uns definiert, dass es zu Beginn eines Pitches keine Denkverbote geben soll. Es ist erlaubt, alle Ideen, Gedanken, Spinnereien oder halbfertige Ansätze in den Topf zu werfen. Allein mit der Tatsache, überhaupt an einem Pitch teilzunehmen, lassen wir frischen Wind durch unsere Agentur wehen. Wir stoßen auf neue Ideen und Elemente, die wir vielleicht für den aktuellen Pitch letztendlich doch nicht brauchen, aber mitunter später nochmal weiterverwenden können. Gleichzeitig wird auch Bekanntes und Bewährtes auf den Prüfstand gestellt.

Pitches sind visionärer als die Realität.

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Pitches eröffnen unserer Arbeit und unserem Denken einen neuen kreativen Raum. Eine Pitch-Situation zeichnet sich dadurch aus, dass sie visionärer ist als die Realität. Wir skizzieren darin nämlich eine bestmögliche Realität, weit ab von alltäglichen, echten Problemen. Denn diese – das wissen wir alle – kommen im Projekt später ohnehin auf uns zu – also warum sollten wir uns schon ganz zu Beginn damit belasten?!

Also, how much is the pitch?

Auch wenn wir unsere Meinung zum Thema Pitches in den letzten Jahren durchaus geändert haben, gibt es einen Punkt, der uns oftmals sprachlos zurücklässt: die Gratismentalität einiger Auftraggeber:innen. Damit meinen wir die offensichtliche Selbstverständlichkeit, mit der am besten gleich fertige Ergebnisse ohne Entlohnung erwartet werden.

Deshalb noch mal in aller Klarheit: Einen Pitch vorzubereiten bedeutet für eine Agentur jede Menge Arbeit. Und Arbeit hat nunmal ihren Preis. Deshalb steht für uns nach wie vor fest: Kein Pitch ohne Honorar.

Wie stehen denn Sie, liebe Leser:inne, zu dem Thema Pitches? Wenn Sie Interesse haben, sich mit uns über Darüber auszutauschen, kommen Sie gerne auf uns zu. Das gilt besonders auch, wenn Sie eine ganz andere Meinung dazu haben. Denn unsere Branche – so hat es gerade auch die Transformation beim Thema Ausschreibungen nachdrücklich gezeigt – lebt von einem Diskurs, von der Kontroverse und dem gemeinsamen Ringen nach einer verträglichen Lösung für alle Beteiligten.

Wir stehen für was wir sagen und vorleben möchten: Unsere Arbeit ist mehr als Zahlenwerk, sie besteht aus fachlicher, aber auch persönlicher Qualität. Lernen Sie uns gerne kennen.

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